Die Schattenseiten von Reisen | wie ich gelernt habe, Urlaube zu genießen

Was denkt ihr, wenn ihr die Fotos seht? An einen wunderschönen Urlaub am Meer? Spanien oder Frankreich? Schönes Wetter? Malerische Orte, Schwimmen, Schiffsfahrt, Erholung?

Bestimmt denk ihr nicht an Ängste, Stress und den Bruch einer Freundschaft. Fotos zeigen nur die Oberfläche und nicht das, was sich dahinter versteckt. Man postet sie und erzählt von seinem scheinbar perfekten Urlaub und jeder glaubt es einem. Die ganzen negativen Aspekte werden zurückgehalten – verständlich. Man möchte auf Social Media ein positives Bild von sich darstellen und seine Privatsphäre bewahren. Alles richtig.

Ich hatte für einen langen Zeitraum das Gefühl, mit meiner Wahrnehmung allein zu stehen. Alle anderen um mich herum, lieben es, in den Urlaub zu fahren. Theoretisch tue ich es auch, nur ist es oft mit vielen negativen Aspekten einhergegangen. Ich hatte das Gefühl, komisch zu sein, dass ich die Ferien auch gerne zu Hause verbringe und nicht immer weg muss, schließlich erweitert Reisen doch den Horizont und der überwiegende Teil fiebert dem Jahresurlaub entgegen. Wie es aber meistens der Fall ist, man ist nicht allein und so entdeckte ich Blog Artikel zum Thema „Hochsensibel auf Reisen“. Den Stempel würde ich mir zwar nicht auf drücken, doch kenne ich Überforderung von Reizen, die gerade unterwegs häufiger ein Problem wurden. Zudem bekomme ich im Alltag mittlerweile meine Angststörung gut gehandhabt, unterwegs aber kommen sie leider wieder häufiger ans Tageslicht. Im Alltag lassen sie sich besser durch Routine in den Griff bekommen oder meiden, in dem ich statt den Fahrstuhl die Treppe nehme. Im Urlaub hingegen ist man konfrontiert mit Neuem, viel Trubel und dazu ist man rund um die Uhr mit Freunden unterwegs. Während sie zu Hause nur bestimmte Dosen von einem bekommen, lassen sich Macken im Urlaub schwerer verstecken.

In diesem Beitrag möchte ich euch daher vorstellen, welche Schwierigkeiten ich beim Reisen habe am Beispiel zweier Urlaube und wie ich über die Zeit gelernt habe, mit diesen umzugehen. Vielleicht hilft es dem ein oder anderen, dem es da ähnlich geht. Vielleicht erkennt der ein oder andere darin Freunde wieder und bekommt so ein wenig Verständnis für vielleicht im ersten Augenblick irrationales Verhalten. Vom Schweigen und Nicht-Thematisieren gehen Dinge nicht weg, daher ist es mir wichtig, über Mental Health zu schreiben.

Neue Umgebungen, Reizüberflutung und Angsstörung

In dem Frankreichurlaub, den ich vor Jahren gemacht habe, wollte ich unbedingt viel mit nehmen. Nicht nur an einem Ort bleiben, sondern reisen, viel sehen. So ging es erst nach Villeneufe les Avingon, weiter nach Marseille und schließlich in die kleine Hafenstadt La Ciotat. In der Gegend um Avignon sind wir drei Tage geblieben, in Marseille nur eineinhalb. Dort kam das erste Mal Stress auf. Wir hatten Airbnb gebucht und wohnten bei einer Frau und ihrem Freund, mit denen wir uns das Badezimmer teilten – ohne Fenster. Und mit einem dieser alten Schlüssel, bei dem ich immer Sorge habe, dass die Tür nicht wieder aufgeht. Unser Zimmer war klein und ganz oben in einem Hochhaus mit einem schmalen, schon etwas schäbigen Flur. Nichts, das mein Wohlbefinden verstärkt hat. Dazu drückte die Hitze auf meinen Schultern. Reizüberflutung bekomme ich nicht nur durch Menschen, sondern auch ein heißer Strand kann dafür sorgen, dass mir alles zu viel ist. Dinge, die ich unter guten Umständen ausblenden kann, überforderten mich.

Im Urlaub kam meine generalisierende Angststörung, die ich im Alltag die meiste Zeit im Griff habe, wieder zum Vorschein, ich begann mir über sämtliche unnötige Sachen Sorgen zu machen. Meine Klaustrophobie, der ich im Alltag ausweiche, machte Probleme, denn ich musste das Badezimmer abschließen und das sorgte für innere Panik. Dazu kamen Schlafstörungen, die dem Ganzen nicht geholfen haben. Ich muss mich erst an die ungewohnte Umgebung und ungewohnte Geräusche gewöhnen, und kann meist erst nicht so gut schlafen, das war schon immer der Fall. Nur wenn man häufiger den Ort wechselt, ist es etwas schwierig und das bringt mich zum nächsten Punkt.

Die Wahl der Übernachtung

Ich mache mir jetzt mehr Gedanken über die Unterkunft und lege dabei besonderen Wert, nicht an einer befahrenden Straße zu übernachten, damit mich das nicht am Schlafen hindert. Auch ist es bei mir in einem Städtetrip wichtig, nicht im Zentrum zu wohnen, und lieber ein wenig außerhalb, um eine Pause vom Trubel zu haben. Das war beispielsweise letztes Jahr in London der Fall gewesen, wo wir in Archway im Nordosten der Stadt gewohnt haben. Ich habe mich immer wieder gefreut, dort hinzukommen. Hier gab es kaum Touristen, und wir wohnten in einer Nebenstraße, wo nichts los war. Dafür nehme ich auch 20-30 Minuten Fahrt in die Innenstadt in Kauf. Dazu habe ich gelernt, dass ich kein Hotel Mensch bin, viele Menschen auf engen Raum. Ich bevorzuge da Ferienwohnungen oder Airbnbs. Ich liebe es, im Urlaub ausgiebig zu frühstücken und gemütlich in den Tag zu starten. Büffets und eng an eng zu sitzen ist nichts für mich. Wenn ich AirBnB buche, dann mit eigenem Bad. Ich habe immer das Gefühl, dass ich mir das Fremde vertraut machen muss. Eine Nacht hier, eine Nacht dort klingt für die einen aufregend, für mich ist es Stress pur, wie es mir in Frankreich aufgefallen ist. Ich suche mir lieber einen Ort aus und mache von diesem Tagesausflüge. Eine Ausnahme werde ich für meinen Schottlandurlaub mache, wo ich irgendwann gerne einen Roadtrip machen würde, der Vorteil aber dort: keine Hitze, wenig los und tolle Landschaften. Dennoch werde ich auch hier aufpassen müssen Pausen einzuplanen.

Pausen und Rückzug bei Reizüberflutung

Klingt total banal, doch hatte ich immer das Gefühl, alles mitnehmen zu müssen. Ich bin unterwegs, also „muss“ ich sämtliche Sehenswürdigkeiten mitnehmen. Nein, ich muss gar nichts und das Wort habe ich aus meinem Vokabular gestrichen, ebenso wie, das es 100-Prozentig perfekt sein muss, denn auch das geht nicht. Dennoch plane ich Urlaube sehr ausgiebig. Es macht mir Spaß und gibt mir ein wenig halt an fremden Orten, auch wenn es vielleicht etwas komisch klingt. Ich versuche, den Plan nicht mehr zu vollzumachen und mehr zu genießen. Sich einfach in einem Café setzen, Eindrücke wahrnehmen und mehr entspannt durch die Gegend schlendern. Im London Urlaub haben wir nicht nur Zeit eingeplant, das wir uns vor dem Theaterstück in der Wohnung fertigmachen, sondern, dass ich mich auch 20 Minuten hinlegen kann, nach den ganzen Unternehmungen und Eindrücken von dem Tag runterkommen, um mit mehr Energie weiterzumachen. Gerade auf Reisen ist es wichtig für mich, nicht überreizt zu werden und mich nach einem Tag am Strand oder einer Stadtbesichtigung, zurückziehen zu können.

Immer ein wenig zum Essen dabei haben:

Habe ich Hunger, werde ich zur Bestie, da kann meine Stimmung von Alles-ist-super auf Alles-ist-Mist, schnell kippen. Daher nehme ich immer eine Kleinigkeit wie ein Apfel oder ein Brot mit.

Und ganz wichtig Kommunikation:

Wichtig ist auch, wenn man mit anderen Menschen wegfährt, Dinge direkt anzusprechen. Urlaub ist immer etwas anderes, man kann sich sonst noch so gut verstehen, aber da hängt man 24 Stunden aufeinander. Beim Totschweigen bauen sich Sachen viel mehr aufeinander, es hängt die ganze Zeit die Gewitter Luft über einem, ohne das es ausbricht. Das kann auf die Dauer anstrengender sein als ein kurzes Gewitter. Meine Freunde kennen auch meine Macken und wissen wie ich drauf sein kann, und ich versuche mehr meine Gedanken und Wünsche zu kommunizieren, wie das ich mich in London vor dem Theaterstück erst einmal hinlegen muss oder auch ich sage ihnen vor dem Urlaub, das sie mich am Anreisetag vergessen können, weil Fahrt und neue Umgebung für mich Stress ist. Wirklich, am ersten Tag kann man mich vergessen und man lässt mich einfach in Ruhe, am zweiten Tag bin ich dann wieder ganz da. Oder auch, bleiben wir in London, die Geräusche in der U-Bahn waren mir zu laut, ich muss mir kurz die Ohren zu halten oder Musik anmachen, damit du Bescheid weißt. Oft löst man mit Kommunikation die meisten Probleme.

Atemtraining, Entspannung und Therapie

Mir hat es geholfen, mich mit Entspannungs- und Atemübungen zu befassen. Dass ich in einer Situation, in der mich Reize zu überfluten drohen oder meine Ängste hervortreten, mich mit meiner Atmung beruhigen kann. Hilfreich finde ich da die Hier und Jetzt Atmung, oder tief aus dem Bauch ein und aus zu atmen. Bei Stress neigt man dazu, aus der Brust zu atmen, wodurch diese schneller wird. Durch die Bauchatmung wird man entspannter. Gezielte Muskelentspannung ist auch hilfreich. Zeitweise hilft mir auch Musik hören, gerade volle Orte wie U-Bahnen betrete ich nicht mehr ohne Kopfhörer. Bei einer ausgeprägten generalisierenden Angststörung kommt man hier allerdings nicht weit mit, hier benötigt man eine gezielte Therapie.

Zum Schluss interessiert mich: Wie geht es euch in Urlauben? Sind euch meine Gedanken fremd, oder kennt ihr es?

 

2 Kommentare

  1. Ich sitze vor dem Laptop und weiß nicht so recht wie ich meine Gedanken zu diesem Beitrag sortiert niederschreiben soll. Zunächst ein Mal finde ich es klasse das du darüber redest und auch wie gut du alles beschrieben hast. Ich konnte mich gut hineinversetzen.

    Ich finde es immer spannend in die „Köpfe“ anderer zu gucken und auch Reisen ist so ein Thema. An meine Urlaube als Kind kann ich mich leider null erinnern, an die als Jugendliche schon eher. Ich habe es geliebt im Sommer zwei Wochen weg zu fahren. Mit der Familie (Eltern & Bruder) waren wir jeden Sommer weg. Erst waren es Hotels und dann wurden es Ferienwohnungen (gott sei Dank). So schön ein Buffet im Hotel ist, die Urlaube mit den Ferienwohnungen waren die besten. Gerade an unsere Italien Urlaube denke ich gerne zurück, da unsere Wohnung meist sehr weit abgeschottet war. Ein Mal waren wir oben auf einem kleinem Berg und nichts war in unserer Nähe. Ein Stück laufweg gab es einen Schafshirten und vielleicht ein andere Haus x’D ABER Urlaube mit der Familie hatten auch einen Nachteil. Zwei Wochen am Stück auf einander hocken bei zwei Dickköpfen (Mama & Bruder) sorgte oft für Krach & Stress und das belastet mich immer massiv. Ich komme gar nicht gut mit schlechter Stimmung klar. Weder wenn ich sie habe noch wenn andere das haben *sfz*

    Vor einigen Jahren hatte ich aber das Glück mit einer Internet Freundin in den Urlaub zu fahren (ein Wochenende) und das war super. Wir ergänzen uns in unserem Reiseverhalten perfekt und so wurde sie meine Reisebegleitung. Für viele sind meine Wochenendtrips kein Urlaub, aber mir reicht das völlig .<

  2. Ich stimme dir zu: Man kann sich noch so gut verstehen, aber wenn man dann im Urlaub 24 Stunden aufeinandersitzt, im schlimmsten Fall vielleicht sogar noch auf engstem Raum, dann kracht es. Das lässt sich nicht verhindern. War in meinem Italien Urlaub mit Freunden ja auch so, darüber habe ich ja auch in meinem Beitrag geschrieben – finde es wichtig, dass man sowas auf dem Blog nicht außen vor lässt, deshalb finde es toll, dass du so einen ehrlichen Beitrag verfasst hast. Kommunikation über gewisse Dinge hätte uns da wohl auch geholfen, aber wichtig ist, dass wir das dann geklärt haben und die Freundschaft keinen Schaden genommen hat.

    Ich habe bei dem Italien Urlaub gemerkt, dass ich nicht der Typ für Badeurlaube bin. Das hat mir zu schaffen gemacht ,weil mir die Abwechslung gefehlt hat und man halt viel mehr aufeinanderhängt, als wenn man einen Städtetrip macht. Dort erlebt man ständig Neues, hat viele Eindrücke und abends ist man meist so geschafft, dass man sofort einschläft (ging mir zumindest so. Wir haben uns immer noch vom tollen britischen TV-Programm *Ironie* berießeln lassen und egal wie schockiert ich über manches Reality-Format war, ich bin meist recht schnell, teilweise mitten in der Unterhaltung, eingepennt. Auch habe ich gemerkt, dass Mobile Homes bzw. generell Camping nichts mehr für mich ist, da hockt man zu sehr aufeinander und ich brauche auch mein eigenes Bad. Im Mobil Home hat man zumindest letzteres, aber alles hat sehr beengt. Die Unterkunft ist für mich ein wichtiger Punkt, weil ich einen Urlaub nur genießen kann, wenn die passt. Hostels wären übrigens auch nichts für mich, da ich mir nicht mit Fremden eine Unterkunft teilen möchte. Deshalb bin ich auch bei AirBnB kritisch. Das ginge für mich nur bei eigener Ferienwohnung. Ansonsten habe ich es auch abgelegt, dass ich alles sehen muss. Ich plane ja Urlaube auch im Voraus und erstelle dann eine To-Do-Liste an Dingen, die ich sehen möchte und manches davon will man halt etwas mehr sehen, als anderes. Während andere Dinge sich schön verbinden lassen und so hatten wir auch den London Urlaub geplant. Wir haben Kompromisse geschlossen und geschaut, was liegt als Fußweg zueinander. Mir war z.B. der Tower und die Studiotour wichtig, gerne hätte ich noch Hampton Court gesehen (Aber dafür fehlte die Zeit, weil das ein Tagesausflug ist), meiner Reisebegleitung war das Naturkundemuseum wichtig und das wir mal einen Afternoon Tea machen, was ich echt cool finde. Aber bei allem waren mir uns klar, dass wir uns nicht stressen wollen und genügend pausen einplanen. Denn bei Stress bin ich auch raus. Finde es super, dass du für dich auch Wege gefunden hast, wie du deinen Urlaub genießen kannst und das auch klar kommunizierst. Du weißt ja, dass ich Kommunikation als unglaublich wichtig erachte, damit kann man so vielen Problemen entgegenwirken und für klare Verhältnisse sorgen.

    Danke für dein liebes Kommentar und den Tag, der ist echt super geworden :). Ich finde 3D in den meisten Fällen wie gesagt auch komplett überflüssig, das Problem ist nur, dass solche Filme in 2D dann zu doofen Uhrzeiten laufen, wo man nicht unbedingt ins Kino kann. Mein Problem ist da immer, dass meine Augen nach einer Zeit tränen und das nervt natürlich auch. Mit Brille stelle ich mir das aber auch nervig vor.

    Open Air Kino ist schon cool, nur bei „The Nice Guys“ nahm der Abend dann ein unschönes Ende. Es fing richtig schön an, vor allem bevor der Film los ging, weil da dann eine Band gespielt hat und wir ein Picknick gemacht haben, aber das war der Abend an dem es den Anschlag in einem Würzburg Zug gab. Wir haben durch die ganzen Sirenen und auch die Nachrichten von Freunden, dann recht schnell erfahren was los ist. Der Film wurde trotzdem zu Ende gezeigt, aber das Heimlaufen war dann sehr beängstigend, weil keiner so recht wusste, was nun Sache ist. Wir hatten dann Straßenabhn gemeiden und geschaut, dass wir so schnell wie möglich heim kommen.

    Die Frage ist nur, darf man als Frau dann gar nicht in die Veranstaltung wenn es Männerabend ist? Weil das ist halt dann schon krass. Prett Woman habe ich bis heute noch nicht gesehen :D. Oh je nervig, dass du das bei La La Land hattest. Ich hatte mir das Finale von „The Maze Runner“ deshalb ja auch direkt auf DVD vorbestellt. Fand den erstens unfassbar gelungen, wollte aber auch den Anfang noch mal in Ruhe anschauen. Ich meine das ich für Harry Potter eigentlich auch noch zu jung war, weiß nicht ob der nicht doch ab 12 war, aber man durfte ja mit den Eltern auch ab 6 Jahren rein :D.

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