Ein bewegendes Filmdrama ist „Niemals Selten Manchmal Immer“ über den Schwangerschaftsabbruch einer jungen Frau, das besonders sensibel erzählt wird.
Die 17-jährige Autumn (Sidney Flanigan) ist ungewollt schwanger. Da sie sich aber nicht ihren Eltern anvertrauen kann und eine Abtreibung in Pennsylvania für Minderjährige nur mit der Erlaubnis eines Erziehungsberechtigten möglich ist, reist sie mit ihrer Cousine Skylar nach New York in eine Abtreibungsklinik.
Die Idee dahinter kam der Regisseurin Eliza Hittman als sie 2012 von Savita Halappanavar hörte, die an einer Blutvergiftung verstarb, weil ihr nach einer unvollständigen Fehlgeburt eine Abtreibung verweigert wurde. In Irland ist es so, dass Frauen für eine Abtreibung nach London reisen müssen. Hittman recherchierte für die USA und erfuhrt, dass dort jede fünfte Frau mehr als 50 Meilen fahren muss (vgl. Husmann 2020).
Urheberecht: Focus Features
Eliza Hittmans Drehbuch fokussiert sich auf seine Hauptdarstellerin Autumn. Es gibt keine Informationen zu dem Vater oder sonstige genaue Hintergründe. Und das braucht es auch nicht, man folgt ihr auf eine schwierige Reise, bei der sie von ihrer Cousine Syklar unterstützt wird, die mehr wie eine Schwester für sie ist. Sie sind alleine, haben nur sich. Ihre Freundschaft trägt den Film, bei dem die kühlen Farben einen die Einsamkeit der Protagonistin spüren lassen. Für Sidney Flanigan war es die erste schauspielerische Erfahrung, sie ist Musikerin in Buffalo, New York, wo sie von einem Kollegen Hittmans entdeckt wurde. Auch für Talia Ryder war es die erste Rolle. Im Musicalfilm West Side Story von Steven Spielberg wird sie zu sehen sein, der aktuell noch für nächstes Jahr im Dezember geplant ist.
Beide sind große Neuentdeckungen, die in ihrem subtilen Schauspiel viel mit Blicken und kleinen Gesten ausdrücken. Sie haben eine wunderbare Chemie zusammen und es braucht zwischen Autumn und ihrer Cousine Syklar nicht viele Worte, gerade die Zwischentöne haben mir gefallen. Beide leben in einer patriarchalen Gesellschaft, da ist der Chef im Supermarkt, der sich von ihnen die Hand küssen lässt, wenn sie ihm nach der Schicht das Geld geben oder der junge Mann, den sie im Bus nach New York kennenlernen und der Syklars Desinteresse ignoriert und nicht loslässt. Der Film zeigt, welchen Sexismus (junge) Frauen widerfahren.
Wer sich über den Titel wundert, er spielt auf eine der intensivsten und eindringlichen Szenen an, die ich in diesem Jahr auf der Leinwand gesehen habe. Dort wird Autumn in einer Abtreibungsklinik Fragen gestellt, die sie mit Niemals, Manchmal, Selten oder Immer beantworten soll. Während die sanfte Stimme der Sozialarbeiterin zu hören ist, ist die Kamera auf Autumn gerichtet, minutenlang ist ihr Gesicht zu sehen, auf dem sich ihre gesamte Gefühlswelt abspiegelt. Allgemein ist die Kameraarbeit von der Französin Hélène Louvart hervorzuheben. Die meiste Zeit über fühlt es sich an wie ein Beobachter, der das Geschehen einfängt, dann gibt es aber eine Szene, wo sie bei Autumns Untersuchung ihren Blick einnimmt und die Kamera mit ihm nach oben zur Decke wandert.
Als Fazit ist zu sagen, dass Niemals Selten Manchmal Immer ein wichtiger Film zu einem hochaktuellen Thema ist und dafür sensibilisiert. Er zeigt, wie schwierig ein Schwangerschaftsabbruch für eine junge Frau ist, die allein damit gelassen wird. Es ist ein ruhiger Film, der mich aber in keiner Minute gelangweilt hat, weil ich mit den Figuren gefühlt habe und er mich nach dem Schauen noch lange beschäftigt hat.
Den Film hatte ich wegen den guten Kritiken auch auf der Liste, weiß aber noch nicht genau, ob ich es noch schaffe. Eigentlich ist es die Sorte von Film, die ich lieber konzentriert im Kino anschaue, als abgelenkt mit dem Handy in der Hand zu Hause auf der Couch.
ja, so gehts mir auch. Vielleicht klappt es ja dieses Wochenende noch, bevor die Kinos erstmal wieder schließen 🙂
Der Film war sehr beeindruckend, vor allem aufgrund der dokumentarischen Bildsprache, die die tiefe emotionale Ebene aber dennoch optimal einfangen konnte. Und die angesprochene Fragenkatalogszene ist unglaublich gut fotografiert und gespielt.
Ja das stimmt. Wirklich ein Kinohiglight für mich.