„Ich werde kein einziges Wort mehr schreiben“ – Warum ich den Satz nie einhalten konnte

Ich weiß schon gar nicht mehr, wie oft ich den Satz „Ich wer kein einziges Wort mehr schreiben“, gesagt habe. Es reichte ein Feedback, dass meine geschriebenen Wörter nicht hoch in den Himmel gelobt hat. Ein kleiner Funken negativer Kritik und zack: Ich reagiere über, werde emotional und verfluche meinen peinlichen Versuch, Geschichten zu schreiben. Ich kann es nicht, mir fehlt das Talent, die Mühen sind vergeblich, ich habe es einfach nicht drauf. Also höre ich auf und verabschiede mich von meinen Worddateien – bis es mich eines Tages in den Finger juckt und ich doch einen weiteren Versuch starte – bis wieder jemand etwas zu kritisieren hat oder ich mich selbst kritisiere.

Noch nie habe ich es geschafft, den Stift für immer fallen zu lassen, Ideen nicht zu Geschichten zu formen. Das einzige, wofür meine Abwehrhaltung gesorgt hat, ist mich selbst abzubremsen. Statt mich ins Schreieben reinzuhängen, alles für meine Projekte zu geben, starte ich Vergleiche. Person X hat schon im Alter von X Jahren ihr erstes Buch veröffentlicht, Person X schreibt pro Jahre X viele Romane, hast du die Geschichte von X gelesen? Die schreibt gut und du? Für die einen ist dies der Ehrgeiz, sich umso mehr hineinzuhängen, für mich sorgt es für das Gegenteil: Ich beginne zu zweifeln und meine liebe innere Stimme meldet sich zum Wort.

Statt einfach für mich zu schreiben, sehne ich mich nach Bestätigung, nach einer positiven Rückmeldung. Statt meine Rohfassung zu beenden, als ich den Anfang eines Projekts letztes Jahr einer Testleserin geschickt habe, habe ich auf das Feedback gewartet und in den ganzen Wochen, bis die Rückmeldung kam, habe ich nicht weiter geschrieben und warum? Tja, wenn die Person sagt, dass alles der totale Mist ist, warum dann die Mühe? Ich habe dieses Feedback schon beinahe erwartet. Nein, ich muss mich korrigieren, ich habe es erwartet. Warum? Weil eine Kritik für etwas, dass ich selbst gut finde, niederschlagender ist, als wenn ich selbst schon weiß, dass es nicht gut ist. Ich weiß, diese Logik muss man nicht verstehen.

Ich habe lange gebraucht zu Lernen, Kritik zu nutzen und sie nicht für meine Selbstzweifel zu missbrauchen. Das Feedback, dass ich damals bekommen habe, hat mir dabei geholfen, eine neue Richtung in meiner Geschichte einzuschlagen und hat mir vor Augen geführt, was ihre Stärken sind und wo ich es zu gut gemeint habe. Auf eine andere Rückmeldung, die ich letztes Jahr zu einem anderen Projekt bekommen habe, habe ich wie gewohnt mit Trauer und Wut reagiert. Erst Tage später konnte ich mich mit den Anmerkungen befassen. Ja, dass was ich eigentlich mochte, wurde für nicht für gut befunden. Ja, mein Schreibstil wurde bis ins Detail zerlegt. Erfreut das einen? Nein. Kann es einen weiterhelfen? Ja. Also habe ich mir die Kritikpunkte notiert und alles, worauf ich bei der sprachlichen Bearbeitung achten muss, auf kleinen Zettel an die Wand geheftet, um später meine Texte darauf zu untersuchen, doch erst nachdem ich meine Rohfassung abgeschlossen habe.

Denn das ist ein weiterer Punkt: Ich halte mich zu sehr mit der Überarbeitung einzelner Kapitel auf, statt alles erst einmal zu schreiben und frage mich dann, warum ich nicht vorwärts komme. Und wie soll ich jemals mit einem Projekt vorwärts kommen, wenn ich mich selbst immer abbremse? Denn wenn ich ehrlich mit mir bin, ich werde es niemals durchhalten, nie wieder ein Wort zu schreiben. Egal wie oft ich es mir sage, ich kann es einfach nicht. Dafür bedeutet es mir zu viel, dafür hänge ich zu sehr daran –  ja, ich hänge auch zu sehr an meinen Figuren und meinen Geschichten, um ihnen den Rücken zuzukehren.

Und daher habe ich dieses Jahr beschlossen, einfach zu machen, meine innere Stimme zu ignorieren, Vergleiche (soweit es geht) sein zu lassen und Kritik nicht als mein Ernstfeind zu betrachten. Ich möchte Gedanken bezüglich einer Veröffentlichung nachhinten verlegen und mich einfach voll und ganz meinen Projekten widmen. Das ich seit Jahren an einem bestimmten Projekt sitze, ist es den oben genannten Punkten verschuldet. Mehr Schreiben – das ist mein Ziel für das neue Jahr. Durch meine Bachelor Arbeit und eine Erkältung sind noch nicht viele Wörter dazu gekommen, doch wenn ich die Überarbeitung beendet habe, wird sich das hoffentlich ändern. Vor kurzem habe ich die 70.000 Wörter erreicht, eine Zahl, auf die ich stolz sein kann.

Als Hilfestellung habe ich mir ein Buch übers Schreiben zugelegt. Ich möchte mich mehr mit der Theorie befassen und das Plotten meines zweiten Projekts systematischer angehen. Vor allem möchte ich aufhören, mich abzubremsen. Wenn ich es eh nicht schaffe, keine Wörter mehr zu schreiben, dann kann ich es auch einfach probieren.

 

3 Kommentare

  1. Ein toller Beitrag und ich denke viele können das nachvollziehen. Ich finde es schön, dass du ganz ehrlich relektierst und kann deine Erkenntnis nur unterschreiben: Sachliche Kritik sollte man nie persönlich nehmen, sondern sie als das sehen was sie ist: Eine Hilfestellung um sich zu verbessern. Was du dann davon umsetzt, ist ja am Ende weiterhin deine Entscheidung. Die Personen, die deine Werke gegengelesen haben, meinen es ja nicht böse, sondern gut. Sie möchten dich ja nicht verletzen, sondern dir weiterhelfen und habe dafür auch ne Menge Zeit investiert. Vielleicht solltest du dir das immer sofort sagen, vielleicht hilfst das? Kritik gehört ja am Ende auch zum Leben dazu – auch im Beruf wirst du oft kritisiert werden, oftmals auch in Bezug auf Projekt auf die du selbst vielleicht stolz bist. Natürlich ist das nicht leicht, weil man selbst ist ja überzeugt von dem was man da sagt, aber mit etwas Abstand realisiert man dann oft, dass das ganze durch die Kritik noch besser wird, weil jeder einen anderen Blick auf Dinge hat und Ideen anbringt, an die man selbst nie gedacht hat. Ich sehe Kritik immer als Chance und finde auch wichtig, dass man solches Feedback erhält. Etwas anderes ist es natürlich bei ungerechtfertiger, nicht-sachlicher Kritik, das muss man sich dann nicht gefallen lassen.

    Was ich zum Schluss noch sagen möchte, gerade beim Schreiben ist niemand perfekt. Das ist ja ein Prozess, eine Reise auf die man sich begibt, bei der man über die Jahre wächst. Wie sagt man so schön: Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Ich denke, dass du nur etwas selbstbewusster werden musst. Denn dass du dich dann selbst kleinredest, ist ja eher den Zweifel, Unsicherheiten und Ängsten geschuldet. Aber das musst da gar nicht ;).

    Dankeschön für dein liebes Kommentar Nadine,
    deinen Tipp werde ich mir mal merken, hatte das nämlich noch gar nicht gelesen. Kenne die Geschichte in groben Zügen, weil ich das damals mitbekommen hatte.

    Codename Uncle steht bei mir noch aus, ich hoffe ja, dass der noch etwas auf Netflix verweilt. Will den unbedingt sehen, auch wegen des Casts und weil mir da der Trailer schon so gut gefallen hat. „Birds of Prey“ war leider auch gar nicht so erfolgreich an den Kinokassen und bliebt stark unter den Erwartungen zurück. Man hat den Film nun auch unbenannt, um nochmal deutlich zu machen welche Figur im Fokus steht. Für mich ist der Film auch eher wegen Margot Robbie ein Must-See, bei den Filmen bin ich nämlich mehr bei Marvel, die machen da nen besseren Job, dafür ist DC im Serienbereich besser.

    Ich finde die Idee von „Der Unsichtbare“ auf jedenfall interessant und vielversprechend, dazu noch Elizabeth Moss als Hauptdarstellerin – schauspielerisch kann das schon mal nur gut werden. Wenn du „The Handmaid’s Tale“ angefangen hast, dann weißt du wieso ich das schreibe. Sie ist einfach so talentiert.

  2. Ach ich kann dich gut verstehen. Ich würde auch so gerne schreiben aber ich habe Angst vor dem was danach kommt. Daher visiere ich nicht mal eine wirkliche Veröffentlichung an, sondern möchte es nur für mich machen und trotzdem empfindet man irgendwie einen Druck.

    Ich wünsch dir auf jeden Fall ganz viel Spaß und gutes Gelingen!! Und ich hoffe deine Testleser geben dir nur konstruktive Kritik.

    Viele Grüße Eileen von http://www.eileens-good-vibes.de

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