“..als würde man die Tür zu einem alten Antiquariat aufreißen, als würde sich ein Sturm aus purem Bücherstaub erheben und einem der Moder von Millionen verrottender Folianten mitten ins Gesicht wehen.”
Es gibt Bücher, die liest man, klappt sie nach Beendigung zu und widmet sich dem Nächsten. Und dann gibt es Bücher, die es einen schwer machen, sich auf eine neue Geschichte zu konzentrieren. Keine möchte einen mehr begeistern, weil man noch in einer anderen Welt festhängt und noch nicht bereit ist, diese zu verlassen. So ging es mir mit Die Stadt der Träumenden Bücher von Walter Moers. Ich habe es verschlungen und konnte es nicht mehr aus der Hand legen. Anschließend bin ich in eine Leseflaute geraten, nach einer Geschichte mit dem „Ohm“, hat es jedes andere Werk nun mal schwer. Somit wird es wohl weniger eine Rezension, sondern eher eine Liebeserklärung werden. Objektiv bzw. geschmacklich lassen sich bestimmt verschiedene Aspekte finden, die den einen oder anderen nicht zu sagen (wie längere Nacherzählungen oder verschiedene ausschweifende Ableitungen), doch mich persönlich hat es nicht gestört und ich empfand das Erzähltempo auch nicht zu langsam.
Doch erst einmal: Worum geht es?
Ein mysteriöses, vollkommenes Manuskript wird Hildegunst von Mythenmetz am Sterbebett von seinem Dichtpartner überreicht. Was hat es damit auf sich, von wem ist es verfasst? Hildegunst macht sich auf die Suche, um das Geheimnis zu lüften. Sein Weg führt ihn nach Buchhaim, der Stadt der Träumenden Bücher
Ideenreichtum und die Liebe zu Büchern
“Die Neugier ist die mächtigste Antriebskraft im Universum, weil sie die beiden größten Bremskräfte im Universum überwinden kann: die Vernunft und die Angst.”
Das Buch spielt in der fiktiven Welt von Zarmonien, wo auch die anderen Werke von Walter Moers angesiedelt sind. Das habe ich erst im Nachhinein erfahren. Es ist somit nicht relevant, die anderen vorher gelesen zu haben. Jedoch werde ich das nachholen, um mehr über ihre interessanten und außergewöhnlichen Bewohner:innen zu erfahren. So ist Hildegunst ein Lindwurm, eine Art Dinosaurier und stammt aus der Lindwurmfestung, die sich der Dichtung hingegeben haben. Auf seiner Reise begegnet ihm die verschiedensten Wesen, darunter sind die Buchlinge – liebenswerte Geschöpfe, die Literatur lieben und verschlingen.
Die Stadt der träumenden Bücher ist eine Liebeserklärung an das geschriebene Wort. Zwischen den Zeilen stecken lauter literarischer Anspielungen, denen man lange Aufsätze widmen könnte (die es bestimmt schon gibt). Nach dem Ohm, der sagenumwobene Ideenstrom, der Geschichten zu etwas ganz Besonderem macht, sehnt sich wohl anschließend jeder Schreibling. Und Buchhaim ist wohl ein Traum für jede Person, die Literatur liebt. Die Stadt wimmelt von Büchern und Buchläden. Es ist eine einzige Stadt aus Buchläden! Sie reihen sich aneinander und oft haben sie die verschiedensten Spezialisierungen. Wenn man vom ganzen Stöbern Hunger bekommt, gibt es in Restaurants Essen und Trinken mit buchigen Namen. Doch hinter der schönen Fassade lauern auch Gefahren: Bücher, deren Berührung giftig ist, lebendige Bücher und da wäre noch die Unterwelt von Buchain zu nennen, ein riesiges Labyrinth, indem sich Bücherjäger für die kostbarsten Bücher umbringen und wo der Schattenkönig lauert…
Beim Lesen ist mein Fantasyherz aufgegangen. Dazu habe ich auch einfach eine Schwäche für Bücher, die über Bücher handeln, wie Tintenherz oder die Bibliomantik Reihe von Kai Meyer. Random fact: Als Kind/ Jugendliche wollte ich auch mal eine Geschichte über eine magische Bibliothek schreiben, aus der aber nie etwas geworden ist… (Wahrscheinlich, weil sie zu starke Parallelen mit Tintenherz aufwies).
“Manchmal denke ich, daß wir die einzigen sind, die wirklich was von der Literatur haben“, grinste Gofid. „All die anderen haben nur Arbeit mit den Büchern. SIe müssen sie schreiben. Lektorieren. Verlegen. Drucken. Verkaufen. Verramschen. Studieren. Rezensieren. Arbeit, Arbeit, Arbeit – wir dagegen müssen sie nur lesen. Schmökern. Genießen. Ein Buch verschlingen – wir können´s wirklich. Und werden auch noch satt davon. Ich möchte mit keinem Schriftsteller tauschen“
Schreibstil
Beim Stöbern in Buchläden bin ich häufig auf das Werk zurückgekommen, der Titel sprach mich an und zog mich jedes Mal aufs Neue an. Bei einem Besuch habe ich die erste Seite gelesen, die mich zum Schmunzeln gebracht hat und die Lust machte, weiterzulesen. Die gleiche Wirkung hatte es jetzt wieder, ich konnte nicht aufhören und habe gerne Moers schönem Schreibstil gelauscht. Ich glaube, dass er einer der Schriftsteller ist, bei dem selbst ein Kochrezept ein Lesegenuss wäre.
“Von den Sternen kommen wir, zu den Sternen gehen wir. Das Leben ist nur eine Reise in die Fremde.”
Fazit
Wie man unweigerlich merkt, ich liebe das Buch. Ich liebe die Welt, die Figuren, die literarischen Anspielungen, die Kreativität und den Schreibstil. Vielleicht noch ein kleiner Hinweis zum Schluss: Es ist nicht im klassischen Sinne spannend, es ist mehr eine Abenteuergeschichte mit lauter gefährlichen, witzigen, verwirrenden Erlebnissen, die Hildegunst auf seiner Reise nach dem Urheber des brillanten Manuskripts erlebt.
Nun zu euch: Kennt ihr das Buch? Wenn ihr es gelesen habt, wie fandet ihr es?